Der Stein der Weisen oder ein Diamant im Sonnenblumenfeld
Wer Robert Marcel kennt, weiß, dass es schwierig ist, wenn man ihn kennt, ihm aus dem Weg zu gehen. Er hat es! Das gewisse Etwas! Nach zwei, drei Begegnungen ist es deutlich spürbar.
Wenn er erzählt, ist so viel Lebendigkeit zu spüren. Funken, die springen und die Humor und Begeisterung verbreiten. Aufmerksam und gezielt beobachtet er – es entgeht ihm wenig. Er hält Ausschau in die Welt und mit einem lachenden und einem weinenden Auge beschreibt er seine Entdeckungen. Ein Künstler ist immer ein Vermittler, der so viel aufregende Dinge erlebt, dass er sie nicht für sich behalten darf.
Faszination und Wirklichkeit
In Wirklichkeit existiert “Faszination” nicht. Was soll das sein? Etwas faszinierendes ist betörend, anästhesierend, begeisternd. In welches Land hinter den sieben Bergen entführt uns der Künstler Robert Marcel? Er selbst weiß es am besten, denn am anderen Ende des Spiegelganges steht er und winkt, wenn nicht frech, aber wohlwissend über den Stand der Dinge und das Leben: wie erzähle ich den Menschen am besten eine schöne Geschichte, denn echte Wirklichkeit will gelebt werden.
Mit den Namen seiner Plastiken “das kleine Auge”, “das alte Auge”, “das bewegte Auge”, “Hypnose” verzaubert er so manchen Betrachter. Teilweise machen seine Figuren (“la grande bête”) einen Höllenlärm und die Pupillen in den Augen bewegen sich, sie kreisen hin und her.
Was geschieht wenn ich mich in eine Geisterbahn setze? Ich drehe ein paar Runden, wohin geht die Reise? fragt jemand. Ich weiss es nicht! antworte ich. Lass dich einfach überraschen!
Da sitzt irgendwo in der Ecke, ob in der Geisterbahn oder in der Künstlergalerie, die “belle espagnole”. Auf den ersten Blick ein Rattenskelett mit einer schwarzen Stola, sehr makaber. Dazu gesellt sich ein Stein: der Stein der Weisen. Das Ganze ist auf Draht aufgezogen, 150 cm hoch und pendelt frei. Ein gelungenes Spiel zwischen Zeit und Wirklichkeit. Unerreichbar in der Analyse und Synthese seiner Wahrnehmungen, deshalb auch ein genialer Streich des Künstlers.
Mit Humor und Witz den Dingen auf den Leim, des Pudels Kern bleibt dabei unberührt, denn die Fahrt durch die Geisterbahn endet auch bei Robert Marcel “im Paradies”. Nur eine feine Nuance weiter und da sitzt er, der Künstler auf dem Thron.
Hier regiert die Sinnlichkeit, im Spiel mit Frauenbrüsten verknüpfen sich starre Regeln mit Freizügigkeiten. Tabus werden gebrochen, die selbe Faszination endet im Reich der Sinne. In voller Bewunderung natürlicher Formen und Schönheit.
Ein Frauenkörper ist ein Blüte,
sie öffnet sich wenn du sie anfässt!
Also halte sie geschlossen, “touch pas” und verwahre diese kostbare Frucht! …bis zur nächsten Exaltation, …denn ohne geht es nicht. Der Körper will leben und der Mensch ist Genießer. Er weiss sehr wohl um das paradiesische Geheimnis. Nicht umsonst mussten Adam und Eva die heiligen Gemächer verlassen. Pech für diese! Aber ohne Regeln und ohne Tabus machts eben Spass.
Vom Himmel auf die Erde “Hommage à…”, “Blauer=Torso”, “Timide”, “La marche”, “Liegende”, “Vision-nu-age” oder “Profile 1” lassen erkennen um was hier geht.
Text von Petra Raguz, Autorin, lebt und arbeitet in Strasbourg und Karlsruhe.